„Das Höchste, wozu der Mensch gelangen kann, ist das Erstaunen“, sagt Goethe. Der Blog „Natur zu Fuß“ ist mein Tagebuch zum Thema „zu Fuß unterwegs sein“. Neben der körperlichen Aktivität begleitet mich dabei genau dieses Staunen.
Als Fußgänger registriere ich täglich die unglaubliche Vielfalt und die Schönheit der Restnatur in unserer Kulturlandschaft. Von der fast schon zwanghaften Sportlichkeit des sich in der „Natur“ bewegenden Menschen befreit, kann ich stehen bleiben, ohne die Stoppuhr anzuhalten, sehen ohne den Blick durch den Sucher der Kamera einzuengen, beobachten ohne dabei auf die Uhr zu schauen. Beim Gehen tausche ich Naturferne gegen Nähe. Für mich ist das konsequente Gehen zu einer neuen Art der Weltaneignung geworden.
Mit meinem konsequenten „Gehen“ wo und wann immer ich Gelegenheit habe, widersetze ich mich dem Credo der Leistungsgesellschaft, „Natur“ sei der Raum für die sogenannten Outdoor-Sportarten, in dem wir unsere Arbeitskraft regenerieren indem wir unsere körperliche Fitness trainieren. Selbst in unserer Freizeit kommen wir nicht zur Ruhe, sondern versetzen uns in den evolutionären Fluchtmodus des Laufens und Jagens und tasten uns in ausgefeilten Trainigsmodulen an die Grenzen unserer körperlichen Belastbarkeit heran. Die Beschaulichkeit des Schritttempos und die kontemplative Qualität des Gehens meidet man.
Wenn man sich von den Verhaltensstereotypen der postindustriellen Leistungsgesellschaft löst, kann man Landschaft wieder als Naturraum erleben und erfahren. In der Langsamkeit des aufrechten Gangs entwickelt sich wieder unsere sinnliche Wahrnehmung von Raum, Zeit, und Leben und man lernt das Staunen.