Im Nachgang zu meinem Beitrag über das Hallschlager RAD Lager, das als Kriegsgefangenenlager in der NS-Zeit genutzt wurde, hat sich der der Journalist Stefan Everling mit mir über den Umgang mit den „dunklen“ Kapiteln der Regionalgeschichte unterhalten.
Auszüge aus dem Text des Stadtanzeigers:
Es war ein dürrer Satz in der Hallschlager Dorfchronik, zu deren Veröffentlichung Boos eingeladen war, der ihn auf das Thema brachte. Wie mit den halb verhungerten Gefangenen umgegangen wurde, weiß er von seinem Vater. Als sie am Hallschlager Bahnhof aus dem Viehwaggon gestolpert seien, mit dem sie gebracht wurden, habe der Überlebenswille sie in die umliegenden Ebereschen getrieben. „Mit ihren Gewehrkolben haben die Wachleute sie aus den Bäumen herausgeprügelt. Am helllichten Tag wurden sie wie Vieh mit Schlägen und Geschrei durch das ganze Dorf, vorbei am Pfarrhaus und der Kirche, zum Russenlager getrieben. So hat es mir mein Vater erzählt“, schreibt Boos.
Selbst kleine Gesten der Freundlichkeit seien strafbar gewesen. „Das Regime wollte Rücksichtslosigkeit“, betont Boos. Sein Vater habe von einem der „Nazischinder“ berichtet, dem Lagerkommandanten, der ausgesprochen brutal gegenüber den Gefangenen gewesen sei. Nach dem Krieg sei der spurlos verschwunden.
Von dem Lager selbst, das am Ortsausgang von Hallschlag nahe des Bahnübergangs lag, ist nichts mehr zu sehen, es ist im wahrsten Sinne des Wortes Gras darüber gewachsen. Dennoch stellt Boos klar: „Es ist lohnenswert, in die Vergangenheit zu gucken.“ Derartige Geschichten würden Menschen sozialisieren. „Wenn Geschichten nicht erzählt werden, tragen sie nicht zur Erziehung bei“, betont der ehemalige Lehrer. Wahrscheinlich habe sein Vater genau deswegen seine eigenen Erfahrungen weitergegeben.
Die Kurzgeschichte mit dem Titel „Russenlager“ habe ich in meinem Erzählbändchen „Hotdog in Margaux“ veröffentlicht. Man kann das Buch direkt bei mir bestellen unter https://mellonia.de/buecher-beim-autor-direkt-bestellen oder über Amazon beziehen https://shorturl.at/BVEif